From: Stephan Uhlmann To: nglante@europarl.eu.int Subject: Softwarepatente Guten Tag Herr Glante, normalerweise ist es nicht meine Art, Politiker so direkt anzuschreiben und sie haben sicher auch viel zu tun. Doch mit Sorge verfolge ich nun schon seit einiger Zeit die Diskussion über die am 1. September geplante Abstimmung über den Richtlinienentwurf zur Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen. Da sie der Parlamentarier aus meinem Wahlkreises sind (ich komme aus Potsdam), hoffe ich, bei ihnen an der richtigen Adresse zu sein. Ich bin Student der Informatik an der Uni Potsdam und arbeite nebenbei in einer kleineren Softwarefirma. Ich bin auch beteiligt an der Linux User Group Potsdam (http://www.uplug.de). Vielleicht haben sie ja schon mal von freier Software, Open Source und dem Betriebssystem GNU/Linux gehört. Ich bin ein großer Befürworter davon. Es mag vielleicht nicht so aussehen, doch ich bin der Meinung, dass die Entscheidung am 1. September auch eine Entscheidung über die Zukunft dieser "Szene" ist, ja sogar der europäischen Softwarebranche insgesamt. Ein Patent gewährt ein 20-jähriges Monopol auf die gewerbliche Verwertung einer Erfindung. Im Gegenzug wird die Erfindung offengelegt, damit die Gesellschaft davon profitieren kann. In Branchen, wo ein Patent am Ende einer langjährigen, sehr kostenintensiven Zeit der Forschung steht, mag das sicher sinnvoll sein. Dies ist bei Software jedoch nicht der Fall. Vielen der schon vom Europäischen Patentamt oder in den USA gewährten Software-Patente mangelt es sogar schon an der blossen Erfindungshöhe. Das ist nicht verwunderlich, denn Softwareentwicklung ist ein besonders iterativer Prozess. Man baut aufeinander auf. Linus Torvalds, der Erfinder des Linux-Kernels, meinte einmal, dass es für ihn nur möglich war, Linux zu programmieren, weil er "auf den Schultern von Giganten" stand. D.h. er baute auf den vielen Ideen und bekannten Methoden auf und entwickelte diese weiter. Dies wäre mit den jetzt geplanten Änderungen nicht mehr möglich. Ein weiterer Punkt der mir Sorge macht, ist die Bedrohung kleiner- und mittelständischer Unternehmen (wie das für das ich arbeite) und erst recht freier Softwareentwickler (was ich auch bin) durch die zusätzlichen Kosten für Patentrecherchen. Es könnten nur noch große Firmen mit entsprechenden Rechtsabteilungen, das Risiko fremde Patente zu verletzen minimieren und eventuelle Rechtstreits austragen. Software ist meiner Meinung nach durch das Urheberrecht ausreichend und auf die richtige Art und Weise geschützt. Wie das Beispiel Linux oben andeutet, sind Softwarepatente nicht geeignet Innovation zu fördern sondern behindern den Fortschritt. Daher hoffe ich, dass sie und möglichst die Mehrheit des Parlaments gegen den Vorschlag stimmen. Viele Grüße, Stephan Uhlmann